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Omicron-VOC Struktur: Bindung und Antigenität

Wechselwirkung der Rezeptorbindedomäne mit dem Angiotensin konvertierenden Enzym ACE2
Der erste Schritt des Infektionsweges von Covid-19 ist das Andocken des Spike-Proteins mit der Rezeptor-Binde-Domäne an den Rezeptor ACE2. Mutationen in dem Bindemotiv bestimmen den Erfolg . Das ursprüngliche Glutamin (im Wuhan- und δ-Stamm) an Position 493 ist durch Arginin ersetzt. Durch den Tausch wird eine Wasserstoffbrücke durch eine Salzbrücke ersetzt . Auch an Position 498 gibt es einen Glutamin-Arginin-Tausch; das Arginin behält eine Wasserstoffbrücke und fügt eine Salzbrücke hinzu . Eine zusätzliche Wasserstoffbrücke wird durch die Mutation G496S eingefügt. Anstelle von Glycin gibt es durch Serin eine Bindung zu einem Lysin in ACE2 . Die zusätzlichen Bindungen kompensieren den Verlust einer Salzbrücke zwischen δLys417 und ACE2. In omikron ist an dieser Stelle ein Asparagin das von ACE2 D30 zu weit entfernt für irgendeine Bindung ist. Insgesamt sind die Bindungsstärken von omikron und delta etwa gleich groß.

Antigenität - omikron gegenüber Wuhan
Aus dem Blut von Covid-Genesenen wurden Antikörper isoliert und zu monoklonalen Antikörpern kloniert. Viele dieser neutralisierenden Antikörper können zur Therapie schwerer Infektionen verwendet werden, einige sind kommerziell erhältlich. Experimentell können solchen Antikörpern bestimmte Regionen auf der Spike-Oberfläche zugeordnet werden. Wissenschaftler fanden fünf Regionen (cluster) für Gruppen von Antikörpern und konnten die Aminosäuren der jeweiligen Bindungsstellen identifizieren . Die Gruppierung mag akademisch erscheinen, aber sie hilft bei der Zusammenstellung von verschiedenen Antikörpern für Therapiezwecke.

Nach der Omikronwende der Pandemie fragt man sich, ob Antikörper nach einer Wuhan-Impfung oder einer Genesung von einer VOC-Infektion etwas gegen die Omikronvariante ausrichten können. In der IEDB Datenbank für bekannte Antikörper (SARS-Liste in Verma & Subbarao) sind Strukturdaten und Epitope in der Spikesequenz aufgelistet. Hier interessieren besonders die gegen die RBD gerichteten Antikörper - sie verhindern das Andocken des Virus an den Rezeptor. Die Bindungsstärken von prototypischen Antikörpern sind bekannt. Wissenschaftler haben mit ausgeklügelten Algorithmen die Bindungsstärken solcher Antikörper an Omikron-Spikes errechnet. Ein Beispiel für Cluster 1 ist hier gezeigt . Antikörper CB6 bindet in dem ACE2-Bindemotiv an die gelb markierten Atome; die in omikron gegenüber Wuhan geänderten Aminosäuren sind rot markiert (gezeigt in einer "aufwärts" RBD). Verma & Subbarao listen die verschiedenen Energieanteile auf, insgesamt ergibt sich ein Bindungsenergieverlust von -92.25 kcal/mol zu -51.94 kcal/mol durch die vier Mutationen. Damit ist dieser Antikörper gegen omikron ziemlich nutzlos.
Berechnungen für die anderen Cluster zeigen ähnliche Ergebnisse mit verschiedenen Bindungsenergieverlusten:
  Ab REGN10933 - Energieverlust 23 kcal/mol
  Ab S309 - Energieverlust 24 kcal/mol
  Ab S2X259 - Energieverlust 23 kcal/mol. Dieser Antikörper neutralisiert die α, β, γ und ε VOCs.

Cluster 5 liegt abgewandt von der RBD in der aminoterminalen Domäne des Spikes. Drei Datenbank-Antikörper (4A8, DH1050.1 und DH1052) sind von Mutationen in omikron betroffen . Die Lage von Deletionen ist durch Weißfärbung benachbarter Aminosäuren angedeutet. Durch die Deletionen wird die Oberfläche des Proteins erheblich geändert, dadurch wird die Bindefähigkeit der Antikörper beeinträchtigt. Eine detailierte Analyse dieses Bereiches findet sich bei Gobeil et al.

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Literatur:
D. Ni et al, Structural analysis of the Spike of the Omicron SARS-COV-2 variant by cryo-EM and implications for immune evasion, https://doi.org/10.1101/2021.12.27.474250
D. Mannar et al, SARS-CoV-2 Omicron Variant: ACE2 Binding, Cryo-EM Structure of Spike Protein-ACE2 Complex and Antibody Evasion, https://doi.org/10.1101/2021.12.19.473380
J. Zhang et al, Structural and functional impact by SARS-CoV-2 Omicron spike mutations, https://doi.org/10.1101/2022.01.11.475922
J. Verma & N. Subbarao, Structural insight into antibody evasion of SARS-CoV-2 omicron variant, https://doi.org/10.1101/2022.01.25.477671
S. M-C. Gobeil et al, Structural diversity of the SARS-CoV-2 Omicron spike, https://doi.org/10.1101/2022.01.25.477784
Spike-Struktur: 7t9k.pdb (Mannar et al)



30-01-2022 © Rolf Bergmann   http://www.papanatur.de/jsmol/sars15/omicronstructure.html