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Impfstoff-Design

Das Spike-Protein in seiner trimeren Form regt unser Immunsystem zu Abwehrreaktionen an. Für einen möglichst effektiven Impfschutz muß verhindert werden, daß das Spike-Protein wie bei einer Infektion mit intakten Viren in unserem Körper zu weniger immunogenen Formen verändert wird. Der Bauplan - die genetische Information - für das Spike-Protein ist bekannt und es gibt genug molekularbiologische Werkzeuge zur beliebigen Änderung des Bauplanes. Also frisch ans Werk!

Die Vakzine NVAX-CoV2373 enthält das komplette Spike-Protein (alle 1273 Aminosäuren x3) des ursprünglichen SARS-Cov2. Es wird in Insekten-Zellkulturen hergestellt und mit Tween80 (= Polysorbat 80) verabreicht, das (als nichtionisches Tensid) als Emulgator wirkt und Micellenbildung ermöglicht.

Ein Wort zu den in dieser Dateiserie dargestellten Molekülmodellen: Proteine werden durch interne Kräfte zwischen den Aminosäuren in Form gehalten, aber sie sind nicht absolut starr. Zudem befinden sie sich nicht im luftleeren Raum, sondern in einer wäßrigen Lösung (entweder unsere Schleimhäute der Atemwege oder im Labor spezielle Salzlösungen mit Zusätzen, die das jeweilige Experiment erfordert). Die bildgebenden Untersuchungen (Feststellung der Atomkoordinaten durch Kryo-Elektronenmikroskopie im Fall der Spikes) erfordern bestimmte Bedingungen, um überhaupt etwas sehen zu können. Proteine "fühlen" ihre Umgebung und reagieren eventuell mit Konformationsänderungen. Die hier gezeigten Spike-Modelle stammen aus verschiedenen Laboren und differieren daher im Detail. Generell gilt, daß Proteine nicht nur "feste" Bereiche haben, sondern auch Teile in ihrer Proteinkette, die beweglich sind und daher bei jedem Proteinexemplar eine andere Form haben. Solche Bereiche entziehen sich der Beobachtungsmöglichkeit.
Von den 1273 Aminosäuren des Impf-Spikeproteins sind hier nur die Aminosäuren 14 bis 1146 sichtbar, zwischendrin sind die Bereiche 619-631 und 678-688 wegen zu großer Beweglichkeit nicht sichtbar. Hier können also nur die Anfangs- und Endpunkte der Schlaufen gezeigt werden. Dabei ist gerade die "rote" Schlaufe besonders wichtig: hier befindet sich die Erkennungssequenz für die Spaltung des Spikeproteins in seine Untereinheiten. Im Original-Spike wird die Sequenz Prolin-Arginin-Arginin-Alanin-Arginin-Serin (PRRARS) nach dem dritten Arginin gespalten, sodaß der S1-Teil sich entfernt und der S2-Teil sich umfalten kann. In dem Impf-Spike sind die drei Arginine mittels genetic engineering durch Glutamin ersetzt (PQQAQS). Das kann die spaltende Protease nicht als Spaltstelle erkennen, das Spike-Protein bleibt ganz.
Eine weitere (Standard-)Mutation betrifft die Positionen 986 und 987: die Aminosäuren Lysin und Valin wurden durch 2x Prolin ersetzt. Prolin unterscheidet sich von anderen Aminosäuren durch seine Ringstruktur . In der "blauen" Spike-Struktur sind auch die benachbarten Aminosäuren hervorgehoben; Sequenz: -Leucin-Asparaginsäure-Prolin-Prolin-Glutaminsäure-Alanin- . An der Verbindungsstelle der Helices macht Prolin die Aminosäurekette unbeweglich und verhindert dadurch eine Umfaltung zu der S2-Struktur.
Viele Viren enthalten ein Fettsäuremolekül. Das wird von der Wirtszelle bereitgestellt und kann je nach Wirt variieren. In dieser Spike-Präparation wurde Linolsäure gefunden . Wozu ist das gut? Außer Anziehungskräften zwischen Aminosäuren aufgrund elektrischer Ladung gibt es auch hydrophobe Wechselwirkungen (Fett zu Fett gesellt sich gerne). Der völlig ungeladene Teil der Fettsäure steckt in einer hydrophben Tasche, die aus Aminosäuren ohne elektrisch geladene Seitenketten gebildet wird . Diese Aminosäuren bilden eine , die den "fettigen" Teil der Linolsäure festhält. Die Säuregruppe der Linolsäure ist auch nicht untätig: sie bindet über Wasserstoffbrücken an geladene Aminosäuren - aber aus dem benachbarten Spikeprotein . Damit entsteht eine Verbindung, die das Spike-Trimer im Bereich der Rezeptor-Bindedomäne zusammenhält.
Zurück zum Spike-Trimer . Die Spike-Präparation wird zum Impfen in Polysorbat emulgiert. Der Sorbitol-Anteil dieses Tensides wurde in den Spike-Proteinen gefunden (der Rest ist ungeordnet und nicht sichtbar) . Sehen wir die Umgebung an: . Neben Wechselwirkungen mit ungeladenen Aminosäuren gibt es auch Wasserstoffbrücken zu den Seitenketten von Histidin und Arginin . Die Anwesenheit des Tensidmoleküls beeinflußt die Struktur der Spikes: Die Rezeptorbindedomäne ist gegenüber "normalen" Spikeproteinen von der Symmetrieachse um 14° weg zur Virusoberfläche gedreht.
Auch in dieser Spike-Präparation ist das Protein mit Zuckermolekülen dekoriert .

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Literatur:
S Bangaru et al., Science 370, 1089-1094 (2020) DOI: 10.1126/science.abe1502
R N Kirchdoerfer et al, Nature Sci Rep 8, 1587 (2018) DOI: 10.1038/s41598-018-34171-7



28-03-2021 © Rolf Bergmann   http://www.papanatur.de/jsmol/sars10/vaccine.html